Ich habe den aktuellen Soziopod über „Rechtsextremismus“ gehört, der auch wieder sehr gut ist und ich freue mich über die Nominierung des Podcasts zur Grimme Online Award.
Was mich in der aktuellen Folge geärgert hat, waren Vergleiche von Rechts- und Linksextremismus im Sinne der Extremismustheorie bzw. der Hufeisentheorie auf deren Grundlage auch friedliche linke Aktivisten bis in die heutige Zeit durch den Staat überwacht werden. Ein Negativbeispiel ist z.B. die Geschichte von Andrej Holm die im Kurzfilm “Der Gefährder” verarbeitet wurde.
Die Soziopodler haben recht, wenn sie sagen, dass mitunter die Symbolik von Rechts- und Linksextremismus ähnlich ist und eine Feindschaft zum Staat und zur Polizei ausgeprägt ist. Sie gehen leider nicht auf die Gründe dafür ein, welche jedoch wichtig sind. (BTW.: Was ich persönlich für besonders bedenklich halte, sind antisemitische Strömungen von der (auch gemäßigten) Linken.)
Im Podcast wurde die Frage angesprochen, ob die Behörden im NSU-Fall unfähig oder auf dem rechten Auge blind waren. Ich denke, es war von beidem ein bisschen. Behörden und Polizei sind in Deutschland tendenziell dem rechten Spektrum nicht abgeneigt. Dies zeigt z.B. der Umgang den unsere Behörden und die Polizei mit Asylsuchenden pflegen. Auch die Recherchen von Thomas Kuban in der rechten Szene haben gezeigt, dass die Polizei sogar ein teilweise freundschaftliches Verhältnis zu Rechtsextremisten pflegt. Ich halte es angesichts solcher Erscheinungen auch für nicht sehr verwunderlich, dass man auf dem rechten Auge blinder zu sein scheint.
Sicherlich gibt es viele Polizisten die sehr vorbildlich sind.
Ich kann aber auch vermuten, warum Polizei und Behörden zu rechten Gesinnungen neigen. In ihrem Alltag haben sie überproportional häufig mit kriminellen Einwanderern zu tun. Die Frage ist, ob die Beamten auch über die Ursachen für die Kriminalität nachdenken, welche ja zu einem großen Teil auch in schlechteren Lebensbedingungen liegen oder ob, wie so oft, einfache Schlüsse gezogen werden: “Ausländer sind eben oft kriminell weil sie keine anständigen Deutschen sind.”
Um den Kreis zu schließen:
Ich kann verstehen, allerdings nicht gutheißen, dass auch Linke zum Extremismus im Sinne von Gewalt gegen Polizei und Staat neigen, da sie beispielsweise Teil des ausgeführten Problems sind. Die Motivation ist allerdings eine ganz andere, als die von Rechtsextremisten. Ich halte es für problematisch das gewalttätige Beseitigen von Missständen mit dem gewalttätigen Aussehen von Hass und Ausgrenzung zu gleichzusetzen.
Aber: Gewalt löst keine Probleme. (sondern erzeugt Gegengewalt ;))
Auch nicht solche Gewalt, welche durch Polizei und Behörden gegen Asylsuchende oder Demonstranten ausgeübt wird.
„Im Parlament vertretenen Parteien rücken immer mehr in die politische Mitte.“
Dies mag insbesondere die „Volksparteien“ CDU und SPD, neuerdings auch zunehmend die Grünen durchaus so sein. Es liegt meiner Meinung aber eher daran, dass sich die Parteien in Richtung der Wählerstimmung orientieren und weniger im Bestreben der Gesellschaft etwas Gutes zu tun. Die Parteien sind auf einen Machterhalt angewiesen und biedern sich dafür auch dem Wähler an. Dies müssen auch keine niederen Beweggründe sein, denn es hängen ja beispielsweise auch zehntausende Arbeitsplätze an den Mandaten insbesondere von CDU und SPD. Ich hatte ich die These über den „Machterhalt“ in einem früheren Blogpost bereits etwas angerissen.
Natürlich gut, wenn Parteien politische Positionen überarbeiten und den gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Die aktuelle Diskussion über die Heirat homosexueller Paare ist da beispielsweise ein positives Beispiel. Was ich kritisiere sind politische Positionen die Aufgrund populistischer Stimmungen aufgenommen werden und auf Kosten ganzer Gesellschaftsschichten gehen.
Zu welch katastrophalen Zuständen so etwas führen kann, sehen wir inzwischen in Griechenland:
Hier arbeiten Rechtsextremisten, Behörden und Polizei teilweise Hand in Hand gegen Einwanderer. Die rechtsextremistische Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) lang in Umfragen im Herbst 2012 als drittstärkste Partei bei 12% und die konservative griechische Regierung nimmt diese Stimmung auf, lässt Behörden und Polizei in ihrer Willkür walten und wird auch zunehmend rechtsextremistischer. Hierzu kann ich das erschreckende Video “Into the Fire – The Hidden Victims of Austerity in Greece” über die Zustände in Griechenland empfehlen.
Auch für Deutschland habe ich kaum Zweifel daran, dass sich das konservative Lager im Falle eines Rechtsrucks in der Gesellschaft ähnlich verhalten würde, wie die konservative Nea Dimokratia in Griechenland.
Als Student war ich Zocker.
Ich habe täglich Stunden vor dem Bildschirm verbracht.
Ich war immer schon ein politisch interessierter Mensch.
Da ich im Glauben war, dass ich diese Welt nicht verändern kann habe ich mich in Welten begeben, in denen ich es doch konnte.
Dann kamt ihr, um das Internet zu kastrieren.
Ein Lebensraum, in dem ich inzwischen nicht nur Spaß und einen Spielplatz mit Freunden gefunden hatte.
Ich las Nachrichten im Internet und tauschte mich mit Freunden aus, über das Studium, über die Wochenendplanung, über alles.
Ihr sagtet das Internet sei gefährlich. Ihr sagtet meine Spiele seinen gefährlich und auch meine Lieblingsmusik hieltet ihr für gefährlich.
Ihr schuft die Vorratsdatenspeicherung, ihr fordertet einen Verbot von „Killerspielen“, ihr diskutiertet über Internetzensur.
In meiner Generation brodelte es. Es entstand eine Bewegung die sich die Eingriffe in ihren Lebensraum nicht gefallen lassen wollte.
Internetaktivisten begannen sich für die Rechte in meinem Lebensraum einzusetzen, ich verfolgte dies bis ich 2009 selbst damit begann Unterschriften für die Wahlzulassung der Piratenpartei zu sammeln und selbst in die Partei eintrat.
Ich wurde vom politisch interessierten Menschen zum politisch aktiven Menschen.
Piraten und Netzaktivisten konnten erste Erfolge erringen und ich sah, dass ich gemeinsam mit anderen doch etwas verändern konnte.
Ich gab das Zocken auf, um zu versuchen die reale Welt zu verändern.
Seit knapp 4 Jahren bin ich nun Pirat. Nach gut 2 Jahren Engagement zogen wir in Berlin in das erste Landesparlament ein.
Inzwischen sind Piraten in 4 Landesparlamenten vertreten und die Bundestagswahl steht bevor, wobei die Piraten jedoch in Umfragen nur bei etwa 3% pendeln.
Heute wird die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert. Mit der Bestandsdatenauskunft wird die Mini-Version der Vorratsdatenspeicherung sowie ein Leistungsschutzrecht zum Nutzen der Großverlage von den großen Parteien und der „Bürgerechtspartei“ FDP durchs Parlament gewinkt. Nun möchte die Telekom ihren Kunden das Internet drosseln und bald sicher auch zahlungskräftigen Diensten Sonderkonditionen einräumen.
In den Parlamenten werden die Ideen der Piraten konsequent abgelehnt. In den Medien feiert man unseren Untergang und jubelt eine neue Partei ins Parlament. Eine Partei die besser zu euch passt. Eine Alternative für Deutschland, die vermeintlich euer konservatives Bedürfnis nach Sicherheit im
eigenen Geldbeutel schützen kann. Die euch vor den faulen Südländern schützt, wie es euch die BILD-Zeitung „berichtet“.
Innovation ist tot. Es Lebe die Vergangenheit!
Ich habe das Gefühl wieder dort zu stehen, wo ich vor 4 Jahren stand. Das Internet, mein Lebensraum der so viel Chancen in sich birgt, ist wieder einmal in Gefahr. Die Erneuerung von Demokratie, die Wünsche nach Transparenz, nach offenen für Innovationen nutzbaren Daten, ein Motor für eine neue
Kultur, all das was wir versucht haben nach vorn zu bringen gerät wieder ins Abseits.
Ich habe wieder das Gefühl, dass ich in dieser Welt nichts verändern kann. Für jedes Stück Verbesserung das erkämpft wurde, werden neue Steine in den Weg gelegt. Ich bewege mich im permanenten Ausnahmezustand und müsste eigentlich täglich gegen euren Schwachsinn andemonstrieren.
In den 4 Jahren politischer Aktivität habe ich so viel dazugelernt, dass sich mir dutzende neue Fronten geöffnet haben, an denen man eigentlich auch für eine Verbesserung kämpfen muss. Dieses Land, die ganze Welt, ist so etwas von verdammt im Arsch!
Euch ist das egal. Euch gilt es, eure Pfründe zu sichern.
Eure „nach mir die Sintflut“-Mentalität kotzt mich an!
Eure politischen Aktivitäten beschränken sich darauf, in euren Ämtern für das Wohl euresgleichen zu sorgen. Und ihr lernt euch eine Generation an, die in den Studierendenvertretungen der Hochschulen schon eure Karriere imitieren, unsere verkrusteten Karrierepolitiker von morgen.
Ohne Profil, ohne Ideen für ein besseres Zusammenleben, bestimmt ihr unser Leben und bekommt eure Ärsche für eure Kinder nicht hoch.
Schade eigentlich, dass ihr so viele seid und wir Wenige noch so lange die von euch verpfuschte Welt von morgen ertragen müssen.
Ergänzung: Ein sehr schöner Artikel zum Thema, den ich unbedingt empfehlen möchte ist „Die Grenze verläuft nicht zwischen Jung & Alt sondern zwischen Konservativ & Emanzipatorisch“ von AranJaeger im Blog von kpeterlKA. Ich stimme ihm in der Analyse absolut zu, denn ich kenne viele ältere Menschen, die ich mit meinem Text gar nicht ansprechen möchte. Dann gibt es allerdings noch die digitale Kluft und selbst Menschen die man in ihrer politischen Ausrichtung als emanzipatorisch bezeichnen würde, erkennen das emanzipatorische Potential des Internets nicht und beziehen konservative Positionen. Sie halten es für eine technische Spielerei und wollen sind damit nicht mehr beschäftigen. Diese Kluft verläuft allen meinen Erfahrungen nach bis auf wenige Ausnahmen tatsächlich zwischen alt und jung. Natürlich verläuft aber auch hier eine eine Grenze zwischen Konservativ & Emanzipatorisch, nur auf Ebene eines Themenbereiches.
PS: Ich hatte bereits im Mai 2011 in einem Blogpost auf das Problem der Piratenpartei mit der Demographie hingewiesen und wie wir über die Thematik der Bürgerrechte mehr Menschen für die Ziele der Partei begeistern könnten. Wir haben es inzwischen z.B. durch die Unterstützung des #rfcamp geschafft uns besser als Bürger- bzw. (ich würde lieber sagen) Menschenrechtspartei zu positionieren.
BRA012 - O-Töne vom Finanzratstreffen in Potsdam[ 23 min 18 s | 20.44 MB ]Download
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Am vergangenen Wochenende war der Finanzrat der Piratenpartei in der Landesgeschäftsstelle des Landesverbandes Brandenburg zu Gast. Diese Ausgabe der Brandung entstand spontan aus dem Interesse heraus ein paar O-Töne nach dem erfolgreichen Abschluss des Treffen einzufangen und über die Ergebnisse zu berichten.
Ziel des Treffens war die Erarbeitung eines Satzungsänderungsantrages für den kommenden Bundesparteitag in Neumarkt.
Ausgangslage war der abgelehnte SÄA 042 in Bochum und die Frage wie die Piratenpartei die Gelder aus der staatlichen Parteienfinazierung möglichst gerecht auf die Landesverbände verteilt. Zur Situation um die Ablehnung des Antrages in Bochum und dem Handlungsbedarf in Sachen „Länderfinanzausgleich“ hat unsere Bundesschatzmeisterin Swanhild Götz (@Schwan1) ausführlich im Blog von Sven Schomacker (@hilope) Stellung genommen (Gerechtigkeit Teil 1; Teil 2).
Zum Wochenende möchte ich ausnahmsweise mal einen Gastbeitrag bringen, da er, meiner Meinung nach, zur aktuellen Situation in der Piratenpartei sehr treffend ist.
Er stammt von dem Piraten Veit Göritz, welcher Teil des Spitzenduos mit Anke Domscheit-Berg auf der Landesliste zur Bundestagswahl der Piratenpartei Brandenburg ist.
Hallo liebe Piraten,
es sind jetzt bereits 3 1/2 Jahre vergangen, seit ich mich Hals über Kopf in einen Bundestagswahlkampf stürzte und Pirat geworden bin. Mich lockte das Versprechen von Beteiligung, moderner Politik, modernen Ideen und der Chance etwas zu verändern. Heute, nach 3 1/2 Jahren bin ich nun immer noch Pirat. Warum eigentlich?
Ich erlebte ein #gate nach dem anderen: Einen leeren Stuhl, Piraten mit rechter Gesinnung, ein abgerissenes Akkreditierungsbändchen, sich streitende BuVo-Mitglieder, Droh-SMS und unzählige weitere sowie Streit am laufenden Band.
Trotzdem bin ich immer noch Pirat und denke gar nicht daran aufzugeben. Diese Partei ist nach wie vor meine Partei und die Versprechen nicht gebrochen.
Ich kann mich überall beteiligen. Sei es der Kreisverband Konstanz oder die Landtagsfraktion der Piraten in Schleswig-Holstein. Wenn mir der Sinn danach steht auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die Piraten sind eine globale Bewegung von engagierten Menschen die alle am politischen Geschehen beteiligen wollen.
Ich treffe die Entscheidung ob ich mich lieber an der politischen Arbeit oder an kindischen Streitereien beteilige.
Ich kann jederzeit auf alle Informationen zugreifen. Wie hoch ist der aktuelle Kontostand des Landesverbandes Bayern und was waren die letzen Ausgaben? Transparenz ist nicht nur eine politische Forderung, sie wird von den Piraten auch wie von keiner anderen Partei vorgelebt.
Ich treffe die Entscheidung ob ich mich lieber über persönliche Differenzen von Mitgliedern informiere oder ob ich schaue welche Anträge in anderen LVs auf dem letzten Landesparteitag beschlossen wurden.
Ich könnte es jetzt noch ein wenig weiter ausführen, aber ich denke es ist klar worum es mir geht. Ihr seid Piraten. Ihr entscheidet woran ihr euch aktiv beteiligt und wie sich die Piratenpartei entwickelt.
Das öffentliche Bild der Piraten ist nicht nur durch BuVo-Mitglieder von Streit geprägt, sondern auch von den vielen Piraten die sich an der „virtuellen Hetzjagd“ beteiligen. Schaut man etwas gründlicher nach, entdeckt man unzählige fleißige Piraten, die an allen Ecken und Enden konstruktiv arbeiten. Sie können mit Sicherheit noch ein paar helfende Hände gebrauchen!
Dies alles bedeutet natürlich nicht, dass wir die vorhandenen Streitigkeiten einfach ignorieren sollen. Helft bitte dabei das richtige Maß zu finden und verliert das Ziel nicht aus den Augen!
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Veit
Ich kann dem Text nur voll zustimmen und beschäftige mich dann weiterhin mit (hoffentlich) konstruktiven Dingen.